Das zweite Problem der Portfoliotheorie

Wir haben bereits auf das grosse Problem der Portfoliotheorie hingewiesen: Die Berechnungen beziehen sich jeweils nur auf die Vergangenheit, nicht aber auf die Zukunft. Und die Idee, ein optimales Verhältnis zwischen Risiko und Rendite durch Diversifikation in Anlagen, welche untereinander negativ korrelleren, ist in der Praxis schwierig umzusetzen. Die globalen Aktienmärkte sind relativ stark korreliert. Sie kennen das selbst: Wenn die Börse in Tokyo aufgrund schlechter globaler Nachrichten fällt, dann werden mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch die europäischen Börsen und danach die US-Börse fallen.

Es gibt aber noch ein zweites Problem der Portfoliotheorie: Die Messung des Risikos ist stark vereinfacht.

Wird das Risiko falsch gemessen?

Das Risiko in der Portfoliotheorie umschreibt die Schwankungen eines Einzeltitels im Verhältnis zum Marktdurchschnitt. Dieses Risiko – auch Volatilität genannt – wird durch die Standardabweichung gemessen. Dabei werden die quadrierten Abweichungen vom Mittelwert zusammengezählt und durch die Anzahl Messwerte geteilt. Vom Resultat  – der Varianz – wird die Quadratwurzel genommen. Somit wird das Risiko an den Finanzmärkten mit der Standardabweichung gemessen. Dieses 1860 von Francis Galton entwickelte Mass hat aufgrund seiner einfachen Berechnungsweise Einzug in die moderne Portfoliotheorie gefunden.

Eine der Voraussetzungen, dass man Risiko mit der Standardabweichung messen kann, ist, dass die Resultate normalverteilt sind. Sicher kennen Sie das Aussehen einer Normalverteilung, auch Gaussche Glockenkurve genannt. Die meisten Ereignisse, rund 2/3, befinden sich innerhalb einer Standardabweichung. Beträgt also das Risiko einer Aktie 7% bei einem Mittelwert von 10%, dann sollten 68% der gemessenen Werte innerhalb von +3% und +17% liegen, und nur sehr wenige extreme Werte vorkommen. Und hier ist das Problem, wie unter anderem der im Oktober 2010 verstorbene Wissenschaftler Benoit Mandelbrot in seinem Buch “Fraktale und Finanzen” aufgezeigt hat.

Die vielen von ihm gefundenen Beispiele zeigen klar auf, dass es viel häufiger Extremwerte (wie Börsencrashs) gibt, als die Portfoliotheorie mit der Messung des Risikos für ihre Modelle verwendet. So ereigneten sich bei einer Analyse der Blue Chips aus dem Dow Jones Index, dass grosse Sprünge mit mehr als fünf Standardabweichungen in der Realität 2000 mal häufiger vorkamen, als sie das Modell vorhersagt. Solche Kurssprünge dürften nach den Regeln von Gauss nur einmal alle 7000 Jahre stattfinden – in der Realität kommen sie durchschnittlich alle 3.5 Jahre vor.

Somit ist die moderne Portfoliotheorie zwar ein sehr gutes Mittel, um Risiko und Rendite eines Portfolios zu bestimmen. Aber die absoluten Resultate können nur als Hinweis genutzt werden und entsprechen nicht der Realität.
 

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